München : dtv, 2021. - 526 Seiten ; 21 cm. - (Gretchen-Reihe ; 1)
ISBN 978-3-423-28259-8
Zum Inhalt:
Tom Monderath ist Nachrichtensprecher bei einem großen Fernsehsender in Köln. Er lebt allein und kümmert sich nur sporadisch um seine 84-jährige Mutter Greta, die ebenfalls allein in Köln lebt und sich selbst versorgt. Doch als sie eines Tages 250 km mit ihrem Auto fährt, ohne zu wissen warum, wird langsam klar, dass sie an Demenz erkrankt ist. Durch ihre Erkrankung kommen Erinnerungen hoch, die sie bisher sorgsam vor ihrem Sohn verheimlicht hatte. Er staunt nicht schlecht, als er in den alten Sachen seiner Mutter das Bild eines kleinen Mädchens entdeckt, das er bisher noch nie gesehen hat und beginnt zu recherchieren.
Parallel dazu wird in Rückblenden die Lebensgeschichte Gretas erzählt. 1931 wird sie in Preußisch Eylau geboren und wächst zusammen mit ihrer älteren Schwester und ihren Eltern und Großeltern sehr behütet auf. In ihrer Jugend kommt sie in Kontakt mit den nationalsozialistischen Ideen und muss mitansehen, wie ihr geliebter Vater in den Krieg ziehen muss. Kurz darauf flieht die ganze Familie aus Ostpreußen, wird unterwegs getrennt und erlebt Schreckliches auf der Flucht. Der Bruder der Großmutter lebt in Heidelberg in einer großen Villa und diese Station hatte die Familie als Ziel ihrer Flucht vereinbart. Doch der Bruder ist im Internierungslager und das Haus von den Amerikanern beschlagnahmt. Dennoch treffen alle Familienmitglieder außer dem Vater, der im Krieg verschollen ist, 1946 in Heidelberg ein und versuchen sich durchzuschlagen in einer von Flüchlingen übervollen Stadt. Sie quartieren sich im Garten der Villa illegal in einem Bienenhaus ein.
Unerwartete Hilfe bekommen sie dabei vom afroamerikanische GI Robert („Bob“) Cooper, der Gerda hilft, als diese eine auf dem Schwarzmarkt erstandene Nähmaschine in das Behelfsheim schleppen möchte. Gretas Mutter ist Schneiderin und sie schafft es tatsächlich eine Änderungsschneiderei in Heidelberg einzurichten. Doch zum Entsetzen der Familie verbindet Bob und Gerda bald mehr als eine Freundschaft...
Der Autorin ist mit ihrem Debütroman ein großer Wurf gelungen. Sie erzählt eindringlich in zwei alternierenden Handlungssträngen die Geschichte von Tom und seiner dementen Mutter und das bewegte Leben von Greta während des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit im zerstörten Deutschland. Die bewegende Geschichte der Flucht der Familie im Zweiten Weltkrieg schafft eine Verbindung zur Flüchtlingskrise von 2015, die Tom in seinen Nachrichtensendungen präsentiert.
Spannung kommt ebenfalls auf, als Tom sich auf Spurensuche im Leben seiner Mutter begibt und auf ein dunkles Familiengeheimnis stößt. Er ist Journalist und hat die Möglichkeit, tiefere Recherchen anzustellen, da er seine demente Mutter dazu nur eingeschränkt befragen kann. Weitere Themen des Romans wie die Rassentrennung innerhalb der US-Armee und dem Umgang mit alleinerziehenden Frauen und ihren Babys, mit der besonderen Variante von Kindern mit dunkler Hautfarbe, im Nachkriegsdeutschland sind weitere wichtige Themen in ihre Geschichte und machen diesen Roman zu einem besonderen Leseerlebnis. Der berührende Roman ist deshalb sehr empfehlenswert und macht Appetit auf die Fortsetzung „Was ich nie gesagt habe“, die am 15.06. erscheint.
Pressestimmen:
Dieser gut konstruierte Roman (…) erinnert daran, wie lang der Weg aus einem von Rassismus und Bigotterie geprägten Nachkriegsdeutschland war und welche Wegstrecke zu einer gerechteren Gesellschaft noch vor uns liegt.
Denis Scheck, 11.10.2021
Ein spannender Roman zu einem wichtigen, vergessenen Thema.
Elke Heidenreich, 02.05.2021
Endlich gerät dieses wichtige Thema in den Fokus.
06.05.2021 Stern
Susanne Abel stammt aus einem badischen Dorf an der französischen Grenze. Sie arbeitete bereits mit 17 Jahren als Erziehungshelferin und später als Erzieherin mit geistig behinderten Kindern und Jugendlichen. Nach einer Ausbildung zur Puppenspielerin landete Susanne Abel über den Weg des Theaters beim Fernsehen. Sie schloss ein Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin ab und realisiert seither als Autorin und Regisseurin zahlreiche Dokumentationen fürs Fernsehen. Die Autorin lebt und arbeitet in Köln.